Grüne Energie für saubere Häfen
Landstrom für Kreuzfahrtschiffe gibt es auch am Cruise Center Steinwerder.
© HPA

Grüne Energie für saubere Häfen

Der Hamburger Hafen ist bei der Einführung von Landstrom europaweit führend. Nach den Kreuzfahrtschiffen stehen nun vor allem große Containerschiffe im Blickpunkt.

Autorin: Claudia Behrend

Kein Rauch mehr, der in den Himmel zieht, kein Brummen mehr von Schiffsmotoren an den Liegeplätzen. An Hamburgs Kajen wird es immer sauberer und ruhiger. Kreuzfahrtschiffe können in Altona schon seit 2017 während ihrer Liegezeit grünen Strom vom Ufer beziehen, am Terminal Steinwerder ist dies seit diesem Jahr möglich, und eine Landstromanlage auf dem Kreuzfahrtterminal HafenCity befindet sich im Bau. Seit April dieses Jahres können das nun auch die größeren Containerschiffe, im ersten Schritt am CTH von Eurogate. Damit ist Hamburg der erste europäische Hafen, der Landstrom für beide Schiffstypen anbietet.

Was so naheliegend klingt, die Hilfsmotoren auszuschalten und das Schiff stattdessen mit Strom zu versorgen, ist durchaus anspruchsvoll. Entsprechend hilfreich war es, dass die Landstrompflicht in Los Angeles bereits seit 2014 gilt und Hamburg von den Erfahrungen des US-amerikanischen Westküstenhafens profitieren konnte. Viele Herausforderungen liegen jedoch im Detail: „Die Landstromanlage muss auf jedes einzelne Schiff abgestimmt werden“, erläutert Hanno Bromeis, der bei der Hamburg Port Authority (HPA) die Sparte Port Energy Solutions leitet. Für diese Kalibrierung ist ein Integrationstest pro Schiff erforderlich, da jedes anders ist.

„In Altona hat es zum Beispiel zwei Jahre gedauert, bis das System auf die Schiffe eingestellt war“, berichtet Bromeis. Zwar laufen viele Kreuzfahrtschiffe Hamburg sehr regelmäßig an, manche aber auch nur einmal pro Jahr. Und die Landstromversorgung muss unter verschiedenen Bedingungen getestet werden, etwa bei extremer Tide. „Wir benötigen eine automatische Tidenachführung, damit die Nachjustierung der Kabel ohne einen Bediener auskommt“, erklärt Bromeis.

Dafür zuständig sind Sensoren, die den Abstand zum Schiff und zum Wasser ständig kontrollieren. Da beispielsweise hervorspringende Balkone auf Kreuzfahrtschiffen zu fehlerhaften Messungen führen könnten. Die Sensoren müssen daher angelernt werden, damit dies nicht geschieht. Erschwerend kommt hinzu, dass „sich oft die Lade- direkt neben der Landstromluke befindet, sodass eine eigene Positionierung erfolgen muss, damit die Be- und Entladung per Kran bei gleichzeitiger Versorgung des Schiffes möglich bleibt.“ Trotz aller Herausforderungen: Die Mehrzahl der Kreuzfahrtschiffe in Hamburg wird längst mit Landstrom versorgt. „Bei insgesamt rund 280 Anläufen pro Jahr besteht bei über 200 Landstromfähigigkeit“, unterstreicht Bromeis. Die, bei denen dies noch nicht der Fall ist, sind zur Hälfte Hurtigrouten-Schiffe, die nur für das norwegische System mit Niedrigspannung ausgelegt sind.“ Die andere Hälfte sei älter, könnte aber nachgerüstet werden. „Hier liegt es in der Hand der Reedereien zu entscheiden, ob sich die Investition in Bezug auf das jeweilige Fahrtgebiet und die Kosten rentiert.“

Ab 2030 wird Landstrom Pflicht

Künftig muss man sich diese Fragen nicht mehr stellen. Denn ab 2030 müssen Schiffe mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) von 5.000 oder mehr in ganz Europa mit Landstrom versorgt werden, Kreuzfahrtschiffe ebenso wie Containerschiffe. In Hamburg wird die Versorgung der größeren Containerschiffe aber bereits ab 2025 möglich sein. Nach dem CTH (Eurogate) werden die Anlagen an den HHLA-Terminals CTT und CTB noch Ende dieses Jahres den Betrieb aufnehmen, am CTA laufen derzeit die Bauarbeiten für eine geplante Inbetriebnahme 2025.

Grüne Energie für saubere Häfen
© Elbreklame/HPA

„Wir profitieren von den Erfahrungen in der Kreuzschifffahrt, aber die Parameter sind andere“, berichtet Bromeis. Die Kabel müssen etwa außerhalb des Arbeitsbereichs der Containerbrücken entlanggeführt werden – diese Herausforderung gibt es in der Kreuzschifffahrt nicht. Benötigt wird ein sehr flexibles System mit beweglichen Steckdosen. „Ursprünglich hatten wir gedacht, dass eine Lösung für alle Terminals passt, aber die Bedingungen an der Kaikante sind unterschiedlich.“

Ein weiterer großer Unterschied: Während der Fahrplan in der Kreuzschifffahrt eingehalten wird, ist die Dynamik in der Linienschifffahrt groß: Mal wird ein Schiff getauscht, mal kommt eins früher, bleibt länger oder verspätet sich, beispielsweise aufgrund von Streiks, dem Umfahren des Suezkanals um das Kap der Guten Hoffnung oder des Begegnungsverbots auf der Elbe.

„Die Versorgungsplanung ist hier viel aufwendiger, schließlich müssen ein bis zwei Personen, darunter ein Schaltberechtigter, in Bereitschaft gehalten werden.“ Und die schnellen Änderungen haben auch Auswirkungen auf die ohnehin komplexe Stromplanung. „Wir müssen den Strom spezifisch am Markt einkaufen und dann gegebenenfalls wieder verkaufen, dabei sind die Preise für kurzfristige Mengen äußerst volatil, sodass eine Planung hier sehr schwierig ist“, erläutert Bromeis die Problematik.

 

Grüne Energie für saubere Häfen
Kabelverbindungen für den Landstrom müssen sehr flexibel sein, denn Schiffe haben ihre Anschlüsse an unterschiedlichen Positionen.
© HPA / Andreas Schmidt-Wiethoff

Unterschiedliche Preismodelle

Hinzu kommt: Für die Containerschiffe ist Landstrom insgesamt teurer. Der Grundverbrauch liegt hier zwar mit 500 bis 2.500 Kilowatt pro Stunde deutlich unter den etwa 1.500 bis zu 13.000 Kilowatt, die Kreuzfahrtschiffe brauchen. Die Liegezeit ist bei Containerschiffen jedoch mit etwa 60 bis 70 Stunden deutlich länger als bei Kreuzfahrtschiffen mit durchschnittlich rund acht bis zehn Stunden. Dennoch führt am Landstrom kein Weg vorbei. Und so hat die HPA mit den großen Containerlinienreedereien wie MSC im Juni und Maersk im August bereits entsprechende Vereinbarungen geschlossen. Weitere werden in Kürze erwartet. In den Testphasen waren bereits CMA CGM, Cosco, OOCL und One eingebunden.

Der eigentliche Prozess des Anschließens dauert nur etwa ein bis eineinhalb Stunden, braucht aber Vorlauf. So muss etwa das Übergabesystem an der richtigen Stelle vorpositioniert werden, bevor dies nach dem Anlegen wegen der Leinen nicht mehr möglich ist. Der Schaltberechtigte der Anlage nimmt dann Kontakt mit der Crew auf, geht für die Sicherheitsprüfung und Erdung an Bord, bevor die physische Steckverbindung hergestellt wird. Anschließend begibt er sich in den Steuerungsraum der Anlage, führt das Schaltgespräch mit der Crew und die Übergabe des grünen Stroms beginnt.

Um 2030 die aktuelle EU-Regulierung zu erfüllen, wird aber auch Hamburg die Landstromkapazität noch erweitern müssen. In den nächsten Jahren stehen die Feederliegeplätze im Fokus, damit spätestens 2030 alle Containerschiffe mit nachhaltiger Energie versorgt werden können.

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